Es war Abend. Katja sass auf der Couch und wartete. Sie hörte wie die Küchenuhr vor sich hin tickte. Irgendwann würde sie diese Uhr auswechseln. Sie war noch nicht alt, aber dieses ewige tic-tac-tic-tac ging ihr langsam auf die Nerven. Es war die einzige Uhr, die sich in diesem Haus befand. An der Tür klingelte es kurz zweimal. Katja stand auf und öffnete ihrer bereits erwarteten seltsamen Arbeitskollegin Livia. Diese starrte sie aus ihren unheimlichen Augen hinter der schiefen Brille an. Katja mochte Livia noch nie und ärgerte sich, sie zu Besuch zu haben. Katja führte Livia zur Couch und blickte sie an: „Nun erzähl, warum willst du mich sprechen?“ Livia seufzte und atmete tief durch. Sie musste es Katja einfach erzählen. „Du wolltest doch nächsten Samstag nach Australien in die Ferien fliegen.“, begann Livia vorsichtig. Katja nickte, verstand jedoch nicht, weshalb Livia das jetzt erwähnte. „Ja, das hab ich schon seit einem Jahr geplant, warum?“ – „ Geh nicht! Bitte hör auf mich und geh nicht!“ Katja blickte Livia misstrauisch an: „Warum sollte ich nicht gehen?“ Livia rang mit sich selbst und brachte dann nach langem schweigen endlich hervor: „Weil ich eine schlechte Vorahnung habe!“ – „Achwas, nur weil in letzter Zeit so viele Flugzeugabstürze waren, muss doch nicht gleich immer etwas geschehen.“, versuchte Katja Livia zu beschwichtigen. Doch diese wurde nur noch unruhiger. So versuchte Katja Livia zu überzeugen, dass sie sich keine Sorgen machen müsse, aber Livia bestand darauf, dass Katja den Flug annullierte. Schlussendlich beschloss Katja, es wäre wohl das Beste, Livia im Glauben zu lassen, dass sie nicht fliegen würde. Sie versprach Livia, den Flug zu annullieren und zuhause zu bleiben. Als Livia endlich gegangen war, lüftete Katja das Wohnzimmer. Livia hatte stark nach Räucherstäbchen gerochen und das war Katja unangenehm. Als einige Stunden später Katjas Mann nach Hause kam, erzählte sie ihm von Livias Besuch. Dieser schnitt eine Grimasse um Livia nachzumachen und äffte mit verstellter Stimme nach: „Bitte geh nicht!“ Die Beiden lachten und vergassen Livia im Verlaufe des Abends. Bald darauf kam der Samstag und Katjas Mann rief durch den Flughafen: „Na los Schatz, beeil dich, sonst kommen wir noch zu spät!“ Sie waren eben gerade aus dem Kaffee gekommen, wo sie noch ein Tee getrunken hatten. Ihre Kellnerin war ihr bekannt vorgekommen, doch sie konnte nicht erkennen warum. Als sie ihren Koffer hinter sich herschleppte und versuchte ihrem Mann nachzueilen, blickte die Kellnerin ihnen nach. Sie betastete ihren Kopf und zog sich die Perücke vom Kopf, schob die Brille auf ihre Nase und war nun wieder als Livia erkennbar. Für sie war die Sache nun erledigt. Sie legte alles beiseite und verschwand, als sie sah, wie Katja zusammenbrach. Katjas Mann rannte zu Katja hin, hob sie hoch und trug sie zur Krankenstation. Er hörte wie ihre Namen zum Flug aufgerufen wurden, wollte Katja aber nicht alleine lassen. Die Frau auf der Krankenstation hielt Katja etwas unter die Nase, worauf diese hochschreckte. Als der Mann fragte, was Katja hätte, meinte die Frau, sie könnte sich nur einen Schwächeanfall denken. Katja und ihr Mann wunderten sich, dass Katja so plötzlich einen Schwächeanfall gekriegt haben solle. Doch eines war sicher, ihr Flugzeug war gestartet, ohne sie. Sie beschlossen besser nach Hause zu gehen und sich ein wenig auszuruhen. Später am Abend sassen sie vor dem Fernseher und Katjas Mann schlief. Katja guckte sich gerade die Nachrichten an, als eine Meldung ihre Aufmerksamkeit erregte. Heute Nachmittag sei das Flugzeug auf dem Weg nach Australien wegen einem. Maschinenfehler abgestürzt und am Boden zerschellt. Es gäbe keine Überlebenden. Zwei Menschen seien nicht zur rechten Zeit am Flugsteig gewesen und hätten den Flug verpasst. „Aber...das...das waren doch wir!“ Katjas Augen öffneten sich weit. Sie rüttelte ihren Mann wach, welcher nur verschlafen brummte. Plötzlich fiel Katja Livia wieder ein. Wenn sie damals auf sie gehört hätte...Jetzt fiel es ihr wie Schuppen von den Augen, dass die Serviertochter Livia geglichen hatte. Sie rüttelte ihren Mann nun definitiv wach und erzählte ihm alles. Als sie ihn auf Antwort wartend ansah, fragte er bloss: „Wer ist Livia?“ Katja konnte es nicht fassen. So sehr sie es auch versuchte ihm zu erklären, er erinnerte sich nicht mehr. Am nächsten Tag wollte sie sich bei Livia auf der Arbeit entschuldigen, doch diese war nicht da. Als sie nach ihr fragte, behaupteten alle, hier hätte niemals eine Livia gearbeitet. Was auch immer Katja tat, sie sah Livia nie wieder. Nur ab und wann konnte sie den Geruch von Räucherstäbchen riechen. THE END (© Nicole Abgottspon) |